Buchbesprechung: Eugen Drewermann, "Kleriker - Psychogramm eines Ideals"
Buchbesprechung zu:
Eugen
Drewermann, „Kleriker – Psychogramm eines
Ideals“, 1989; Neuauflage 2019 mit erheblich ergänztem
Vorwort als Reaktion auf die sexuellen Mißbrauchsfälle innerhalb
der Katholischen Kirche
von
Volker Brokop, Wuppertal
---
Vorbemerkung:
Ebenso,
wie es sehr bedauerlich ist, daß das von Eugen Drewermann bereits im
Jahre 1981 veröffentlichte Buch „Der
tödliche Fortschritt – die Zerstörung der Erde und des Menschen
im Erbe des Christentums“
in der aktuellen Debatte um das Problem der ökologischen Katastrophe
und der Klimaproblematik fast keine Rolle spielt - zeigt es doch auf,
daß deren eigentliche Ursache in einem falschen Verhältnis des
Menschen zur Natur liegt - ist es nicht minder bedauerlich, daß
Drewermanns seinerzeit
sehr erfolgreiche Buch „Kleriker
– Psychogramm eines Ideals“
in der Debatte um die Mißbrauchsfälle vor allem innerhalb der
katholischen Kirche bisher kaum eine Rolle gespielt hat. Beiden
Problemfeldern liegen Drewermann zufolge wesentlich geistige Ursachen
zugrunde, die dementsprechend
also
schon
rein
logisch zunächst auf geistiger Ebene angegangen werden müssen.
Praktische
Umsetzungen folgen dann von ganz alleine.
Gerade
in einer Zeit, in der immer mehr Menschen begreifen, daß die
bisherigen Strategien der Verharmlosung und der Verdrängung
tatsächlicher Ursachen die Probleme nicht beseitigen, sondern
notwendig stetig noch verstärken und vermehren, ist es unerlässlich,
den Fokus auf die eigentlichen
Ursachen
der großen gesellschaftlichen und auch ökologischen Probleme zu
richten.
Die
ökologische Katastrophe mit den schlimmen Folgen des Artensterbens
und der Klimaproblematik wird sich nicht abschwächen, geschweige
denn wieder umkehren lassen, wenn sich das falsche, weil offenkundig
schädliche Verhältnis des Menschen zur Natur nicht grundlegend
verändert. Ebenso werden die Probleme des stetig zunehmenden
Bedeutungsverlustes vornehmlich der katholischen Kirche sich nicht
abwenden lassen, wenn deren Hierarchen und Verwalter nicht sowohl ihr
eigenes, als auch das Selbstverständnis des Gesamtsystems Kirche
grundlegend verändern. Ohne wesentliche Veränderungen auf geistiger
Ebene müssen die Versuche zu Verbesserungen notwendig oberflächlich
bleiben, weil es ansonsten weiterhin bei dem althergebrachten und
mehr oder weniger hilflosen Versuch bleibt, zumindest einige der am
deutlichsten sichtbaren Symptome zu kurieren, weil man sie nicht mehr
verdrängen oder gar verleugnen kann, anstatt sich um deren
eigentliche Ursachen zu kümmern. Dies
trifft selbstverständlich auch auf die Situation der Kleriker, der
Priester und der Ordensleute der Kirche, zu, auf deren existenzielle
Probleme und Nöte Eugen Drewermann mit dem Klerikerbuch aufmerksam
gemacht hat.
Der
Mangel an
Interesse an den von Eugen Drewermann vorgelegten Analysen und
Lösungsvorschlägen zumindest
im Bezug zu dem Bedeutungsverlust der Kirchen, sowie dem sehr viel
schwerwiegenderen Problem des sexuellen Mißbrauchs innerhalb der
Kirchen, wird
sich innerkirchlich
durch
die Besprechung eines im Jahre 1989 erschienen Buches, in welchem im
Rahmen einer breit angelegten psychoanalytischen Studie u.a. auch die
Probleme der klerikalen Sexualität und deren Ursachen untersucht
werden, kaum beheben
lassen.
Dennoch,
oder
gerade deswegen,
möchte ich dazu beitragen, daß nicht zuletzt die beiden genannten
Bücher
des Paderborner Theologen, Philosophen und Psychoanalytikers Eugen
Drewermann ganz allgemein wieder stärker mit einer größeren
öffentlichen Aufmerksamkeit versehen werden, wozu
diese
erste von mehreren Buchbesprechungen hoffentlich beitragen wird,
denn meiner Ansicht nach haben sowohl der Autor, als auch zumindest
dessen wichtigste Veröffentlichungen die Wiederbelebung eines
größeren Interesses verdient.
Volker
Brokop, Wuppertal, Januar 2025
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Die Kirche bildet schon lange nicht mehr das geistige Zentrum einer Gemeinde, und der damit einhergehende Bedeutungsverlust also auch der Kirchenvertreter und Glaubenshüter kann aus säkularer Perspektive als ein Gewinn an Bedeutungslosigkeit gedeutet werden, insofern sich damit eine nicht hoch genug einzuschätzende Bereicherung des geistigen und kulturellen Lebens daraus ergibt, was als eine der besonders kostbaren Früchte der insgesamt noch viel zu schleppend sich vollziehenden Säkularisierung im zum Glück längst nicht mehr ganz so stark christlich geprägten Abendland gewürdigt werden muß.
Wo die Kirche sich nicht mehr zum Maß aller Dinge emporheben kann, wo nicht ein einziger Gott, mithin nicht lediglich ein einziges religiöses Buch, den moralischen Maßstab der Sittlichkeit bestimmt, kann kulturelle Vielfalt der tradierten religiösen Einseitigkeit und Eintönigkeit fruchtbar entgegenwirken, und eine Entwicklung in Gang setzen, die den säkularen Nährboden einstmals überhaupt erst bereitet hat. Am Ende steht nicht notwendig das Ende der Religion, sehr wohl aber das Ende der Gängelei der institutionalisierten Religion in Gestalt einer autoritär sich gebärdenden Amtskirche.
Man
mag einwenden, daß speziell die Katholische Kirche in unserer
Gesellschaft schon längst nicht mehr so bestimmend und einengend
wirkt, weil sie sich z.B. nicht mehr mit ihren teilweise hochgradig
absurden Moralvorgaben bis in die intimste Privatsphäre in das Leben
der Menschen hinein drängt. Das ist einerseits zwar richtig, liegt
andererseits aber nicht etwa in dem zunehmenden Respekt der Kirche
vor dem verfassungsrechtlich jedem Bürger zugesicherten Recht auf
Freiheit und – auch sexueller! – Selbstbestimmung. Der wahre
Grund für den sehr viel geringeren Einfluss der Kirche(n) liegt ganz
einfach darin, daß unsere Gesellschaft die Durchsetzung religiöser
und theologischer Interessen mit den Mitteln autoritärer
Machtausübung nicht mehr duldet. Sollten die gesellschaftlichen
Verhältnisse sich dahingehend ändern, daß der Einfluss der Kirchen
wieder zunimmt, würde vor allem die katholische Kirche sogleich
wieder danach streben, ihre verlorenen Machtstrukturen erneut so tief
als irgend möglich in die Gesellschaft zu verflechten, solange ihr
geistiges Selbstverständnis sich nicht verändert hat. Durch die im
Zuge der Aufklärung errungene Autonomie von Politik, Jurisprudenz,
Wissenschaft, Philosophie und Kunst wurde es möglich, daß in all
diesen Bereichen keinerlei Rücksicht mehr auf religiöse oder
theologische Interessen genommen werden muß.
Genau
betrachtet beginnt die Aufklärung eigentlich zur Zeit des
sogenannten Renaissance-Humanismus, als man im 14. Jh. langsam damit
begonnen hat, sich von den Schriften des Aristoteles zu distanzieren.
Man besann sich unter dem Einfluss des italienischen Dichters und
Gelehrten Francesco Petrarca (1304-1374) auf die klassischen Autoren
der Antike, entfernte sich damit zunehmend von der Scholastik, und
bereitete damit den Weg der europäischen Geistesgeschichte vom
Mittelalter in die Neuzeit. Eine Wende, die spätestens mit René
Descartes (1596-1650) unaufhaltsam das Zeitalter einer neuen
Denktradition begründete.
Wie bedeutend dieser Prozess des frühen Humanismus für die geistige Entwicklung im Abendland war, erkennt man am besten daran, daß Kardinal Robert Bellarmin (1542-1621), der als einer der führenden Köpfe der Gegenreformation auch eine maßgebliche Rolle in den Inquisitionsprozessen um Giordano Bruno und Galileo Galilei eingenommen hatte, sich immer wieder darauf berief, daß gewisse Thesen dieser beiden von der Kirche verurteilten Gelehrten gegen die Auffassungen des Aristoteles verstoßen würden. Während ein Großteil des Abendlandes sich also geistig stetig weiter in Richtung Neuzeit entwickelte, lag das Bestreben der Kirche erkennbar darin, möglichst im Mittelalter zu verbleiben.
Daß nicht nur das im Klerus vorherrschende Denken sich bis heute im wesentlichen in uralten Denkmustern der sogenannten Kirchenväter bewegt, sondern daß darüber hinaus auch die psychischen Voraussetzungen der Kleriker als zumindest äußerst günstige Grundbedingung für ein Amt innerhalb der katholischen Kirche sich seit den Tagen der sogenannten konstantinischen Wende ebenfalls kaum wirklich verändert haben, wird in dem Buch „Kleriker“ in äußerst beeindruckender Weise dargestellt.
Eugen Drewermann, der selber 25 Jahre lang katholischer Priester war, hat mit diesem Buch eine sehr umfangreiche psychoanalytische Studie der psychischen Situation der Kleriker vorgelegt. Mit Klerikern meint er aber nicht nur die Kirchenbeamten, also etwa vornehmlich die Priester, Bischöfe und Kardinäle der katholischen Kirche, sondern jeden, der bestimmte Positionen innerhalb des Gesamtsystems Kirche einnimmt, und sich in besonderer Weise mit deren Idealbildungen identifiziert, also auch Ordensleute, obwohl diese offiziell nicht zu den Klerikern zählen.
Hier
bereits zeigt sich die weit gefächerte Ausrichtung dieses Buches,
denn es geht Drewermann nicht um die funktionale Einordnung in die
Ämterhierarchie der Kirche, sondern um die psychischen
Grundvoraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit sich ein Mensch
überhaupt mit bestimmten kirchlichen Idealen identifiziert, und die
Eingliederung in das Gesamtsystem Kirche als attraktiv erscheinen
lässt.
Welche psychischen oder seelischen Voraussetzungen
also müssen gegeben sein, damit sich jemand mit den sogenannten
evangelischen Räten, mit der Forderung nach Armut,
Ehelosigkeit und Gehorsam, so stark identifiziert, daß sie zur
bestimmenden Ausrichtung der gesamten, also auch zukünftigen
Existenz erhoben werden? Über
den persönlichen, also biographisch vorgezeichneten Weg zu einem
Dasein als Kleriker hinaus, untersucht Drewermann ebenfalls die
Hierarchie der Kirche, die von ihm quasi als Abbild der
Klerikerpsyche gedeutet wird. Allerdings bezieht der Autor seine
Befunde nicht auf die Gesamtheit aller Kirchenbeamten und
Ordensleute, sondern sieht sie am meisten da zutreffend, wo die
innere Identifikation am stärksten dem vorgegebenen Ideal
entspricht; wo also die Entpersönlichung in Gestalt der
Verschmelzung mit einer bestimmten Position am stärksten ausgeprägt
ist. Seinen eigenen Worten nach geht es Drewermann um eine
„verantwortliche Seelsorge an den Seelsorgern selber“.
Nicht die vermeintlich durch Gott erfolgte Berufung ist entscheidend, sondern die jeweiligen psychologischen und biographischen Prägungen, die das Empfinden einer religiösen Berufung überhaupt erst psychologisch erzeugen. An dieser Stelle ist eine kleine Reflexion über Drewermanns Gottesbild notwendig, und auch über sein grundsätzliches Religionsverständnis, weil beides sich stark von den kirchlich vermittelten Vorstellungen unterscheidet, was gewisse Konflikte zwischen der Amtskirche und diesem von ihr zum Ketzer erklärten Theologen unausweichlich machten. Woran Drewermann nicht glaubt ist ein Gott, der im Hintergrund der Welt oder als Schöpfer der Welt das Leben geschaffen hat, und, je nach Belieben, in den Lauf der Dinge oder in das Leben von Menschen einzugreifen imstande ist, oder der Gebete erhört. Insofern gibt es auch keinen Gott, der bestimmte Personen als besonders Erwählte zu besonderen Ämtern beruft. Wer also an einen Gott glaubt, der kraft eines durch uns Menschen unergründlichen Ratschluß bestimmte Personen zu bestimmten kirchlichen Ämtern, oder zu einem Leben als Ordensschwester beruft, wird dem hier beschriebenen psychologischen Erklärungsmodell kaum zustimmen können, selbst wenn er den Einfluss gewisser biographischer Prägungen zu einem solchen Lebensweg nicht vollständig leugnen würde.
Für Eugen Drewermann ist der Glaube an Gott als eine Art den einzelnen Menschen bejahende Kraft notwendig, nicht aber der Glaube an einen Gott, der sich zwar offensichtlich nicht für die Opfer von Naturkatastrophen oder Kriegen interessiert, aber ein großes Interesse daran hat, ob einzelne Menschen innerhalb eines kirchlichen Systems bestimmte Funktionen übernehmen. Gewiß bleibt es letztlich jedem einzelnen Gläubigen überlassen, die Glaubwürdigkeit derartiger Glaubensüberzeugungen kraft der Stärke, womöglich aber auch eher der reflexiven Schwäche des persönlichen Urteilsvermögens zu messen.
Allgemein
plädiert Drewermann, wie in vielen seiner Bücher, für eine Form
der Religion, die nicht gebunden ist an kirchliche Autoritäten und
lehramtlich vorgegebene Glaubensinhalte, sondern getragen ist von den
religiösen Bedürfnissen religiöser Menschen. Nicht der Mensch soll
für die Religion da sein, sondern die Religion für den Menschen,
und dementsprechend sollte nicht der Mensch für die Kirche da sein,
sondern die Kirche für den Menschen.
Die
entscheidenden Problemschwerpunkte:
Ontologische
Unsicherheit und die Orientierung an den evangelischen Räten
Dem
Klerikerbuch voran gestellt ist ein altes buddhistisches Sprichwort,
welches in hervorragender Weise sowohl die Problembeschreibung, als
auch die Zielsetzung andeutet: „Nur wer sich selbst entfaltet,
bewirkt Gutes“. Drewermann sieht die Kleriker als in ihrer
Selbstentfaltung gehemmte Menschen, die sich aufgrund frühkindlicher
Bedingtheiten nicht zu ausgereiften und eigenständigen
Persönlichkeiten entwickeln können, und deshalb für eine
autoritätsgebundene und lebenslang an die evangelischen Räte
gebundene Existenz wie geschaffen zu sein scheinen. Triebverzicht und
die Unterwerfung unter eine Vaterautorität erscheinen solchen
Menschen nicht als Einschränkung ihrer Persönlichkeitsentfaltung,
sondern als Befreiung von der Last der Freiheit, die darin liegt,
vollumfänglich eigenverantwortliche und mündige Entscheidungen für
alle Bereiche ihres Lebens zu treffen.
Das grundlegende
psychologische Leitmotiv dieser Untersuchung stellt für Drewermann
die ontologische Unsicherheit
dar, zu deren Darstellung ihm als literarisches Vorbild die Gestalt
des Lucien Fleurier in
Jean Paul Sartres
Erzählung „Die
Kindheit eines Chefs“ dient.
Sehr ausführlich, und unterlegt mit vielen, z.T. sehr langen
Zitaten, wird der Lebensweg Luciens zu einem nicht zuletzt sexuell
äußerst verunsicherten und generell von tiefen
Minderwertigkeitskomplexen durchzogenen Menschen geschildert, der
deshalb in dem Versuch der Kompensation den Willen entwickelt, eine
besonders exklusive Position in der Gesellschaft einzunehmen. Hier
bereits wären Drewermann zufolge erste grundlegende Parallelen zu
der Biographie vieler Kleriker gegeben, denn wo sonst könnte man in
ähnlich exklusiver Weise aus seinen Kinderängsten einen mit hohem
gesellschaftlichen Ansehen versehenen Beruf machen, außer in einer
vermeintlich sehr ehrwürdigen Rolle innerhalb der Kirche. Die
ontologische Unsicherheit durchzieht dieser Betrachtung nach als das
Kernproblem sämtliche Bereiche des Lebens
vieler Kleriker, und
totalisiert sich in allen Haltungen und Verhaltensweisen. Menschen
dieser Art begehren
bedeutende Ämter oder Positionen; sie entwickeln entweder eine
ausgeprägte Opfermentalität, oder streben nach Macht.
Drewermann
schreibt:
„Ein Erwählter an beauftragter Stelle inmitten
einer Gesellschaft von Auserwählten zu sein – das erst befriedigt
und befriedet die ontologische Unsicherheit der Menschen vom Schlage
eines Lucien, der Menschen des angehenden Chefsein. […]
„Aus dem Nebel ihrer Angst entsteigt der Zwang zur
festgelegten Ordentlichkeit; aus dem Verwirrspiel ihrer Lebenslügen
formt sich die beamtete Wahrheit: die Wahrheit für andere.“ […]
„Gesehen haben wir ja, daß das Chefsein zunächst kein
sozialer Status, sondern ein existenzieller Entwurf ist, der eine
bestimmte Psychologie mit einem eigenen Selbstverständnis zur
Voraussetzung und zur Folge hat. Ein Chef ist, so verstanden, jeder,
der aufgrund seiner ontologischen Unsicherheit, bzw. der in der Angst
seiner fundamentalen Nichtigkeit wesentlich der Besonderheit eines
Amtes, einer öffentlichen Beauftragung braucht, um selbst als Person
leben zu können, indem er sein Wertgefühl aus dem Besonderen und
sein Existenzrecht aus der Normalität gewinnt.“ […]
Anders gesagt: die Erwählung des Klerikers ist,
psychoanalytisch und daseinsanalytisch gelesen, das vielschichtige
Kompensat einer ontologischen Unsicherheit, die das eigene Personsein
so tiefgreifend nachhaltig aushöhlt und zerfasert, daß die eigene
Identität nur in der Identifikation mit einer fremden Rolle, in der
Verschmelzung mit dem Inhalt einer vorgegebenen, objektiven
Beauftragung als gesichert erscheint. […]
„Nicht das Personsein, das Klerikersein bildet nunmehr
die wesentliche Form der Existenz.“1
Wie
bereits angedeutet, begnügt Eugen Drewermann sich aber nicht damit,
lediglich die Lebenswege vieler Kleriker psychologisch zu
durchleuchten, denn er hat mit dem Klerikerbuch zugleich eine
glänzende Beschreibung der gesellschaftlichen Funktion jeder
autoritätsgebundenen Religion vorgelegt, indem er z.B. schreibt:
„In
gewissem Sinne wird es daher zu einem Interesse der Amtsträger einer
bestehenden Religion, das Leben in seinen
Grundbedürfnissen mit unangemessenen Ängsten zu überziehen und es
soweit zu neurotisieren und zu psychiatrisieren, daß man immer neuer
priesterlicher, klerikalgebundener Amtshandlungen bedarf, um von den
Konflikten der individuellen Ängste zu entlasten, indem man sie an
das angstbindende und angstverbindende System des Kollektivs (der)
Kirche delegiert. Die Religion, die ursprünglich dazu bestimmt war,
die Angst des menschlichen Daseins zu besänftigen, braucht jetzt die
kleinlichen Ängste des Alltags, um sich selber in ihrem sicher
reglementierten Alltagsleben den Status von Berechtigung und
Unverzichtbarkeit zu sichern; sie instrumentalisiert fortan die
Angst, die von ihr selber ausgeht, um ihre eigene Institution mit
Würde und Wert zu umhüllen, doch diese ihre Institutionen sichern
nicht mehr den Menschen, sondern nur noch sich selber.“2
Es
wäre nun recht einfach, der Kirche eine nicht zu leugnende Leib- und
Sexualfeindlichkeit vorzuwerfen, und darüber hinaus ihre religiöse
Selbstüberhöhung durch die Ausbeutung gewisser, nicht zuletzt von
ihr selber erzeugter Ängste zu verurteilen. Man könnte sich mit dem
Hinweis begnügen, daß Sexualunterdrückung, Frauenambivalenz, sowie
die Unterwerfung unter eine Vaterautorität klassische Merkmale des
von Sigmund Freud beschriebenen Ödipuskomplex darstellen. Drewermann
aber geht es nicht um eine reine Symptombeschreibung, sondern er
begreift die Symptombildung als ein Ausdrucksgeschehen von
Konflikten, deren Entstehung in jenen frühen Entwicklungsphasen zu
suchen sind, die Freud u.a. als die anale, die orale und die genitale
Phase bezeichnet hat. Erst eine möglichst genaue Analyse der
Ursachen eröffnet ja die Möglichkeit einer fruchtbaren
therapeutischen
Intervention.
Spezifische
Entwicklungshemmungen und bestimmte Formen der Sexualpathologie, die
Ausbildung einer ausgeprägten Opferhaltung, das Streben nach
Exklusivität, mithin
nach
Amt und Macht, die Unpersönlichkeit des Denkens, die
Rationalisierung des Glaubens, die Ersetzung argumentativer
Überzeugung durch den Druck verwalteter Macht, die Uniformierung
anhand einer besonderen Kleidung und deren Funktion, die
Ritualisierung einer streng festgelegten Gottesdienstordnung und der
Lebenspraxis von Ordensleuten, die ausgeprägte zwischenmenschliche
Bindungsangst von Klerikern – all das sind nach Drewermann
lediglich Symptome, deren Ursachen auf
individueller Ebene weit
in die frühkindliche Entwicklung zurückreichen. So bildet ein
großer Teil des Klerikerbuches die Beschreibung des
psychogenetischen Hintergrundes des Empfindens der Auserwählung zu
einem Leben entlang der evangelischen Räte.
„Welche
Voraussetzungen in den Konstellationen des eigenen Elternhauses
müssen gegeben sein, um jemanden zu der Übernahme eines
Klerikeramtes in der »Großfamilie« Kirche zu prädisponieren?“3
Wie
also hat eine Frau, die sich zu einem Leben unter der Voraussetzung
der Keuschheit, also der lebenslangen Ehe- und Kinderlosigkeit, als
Kind in ihrer Beziehung zu ihren Eltern, vor allem natürlich zur
Mutter erlebt? Wie erlebte sich ein Mann, der sich als Amtsträger
der Kirche ebenfalls zu
einer solchen Existenz berufen fühlt, aber nicht den Weg nicht einer
dienenden Funktion, sondern den einer gebietenden Autorität
innerhalb des Systems Kirche für sich erwählt, in der Beziehung zu
seinem Vater und womöglich in der Konkurrenzsituation mit seinen
Geschwistern?
Entlang solcher Fragestellungen beschreibt
Drewermann sehr ausführlich die biographischen Hintergründe anhand
der Schilderungen vieler Kleriker, die ihn als Therapeuten aufgesucht
und ihm ihre Lebens- und Leidensgeschichten berichtet haben.
An
dieser Stelle muß erwähnt werden, daß das Klerikerbuch einerseits
ein der Problemstellung angemessen sachliches Buch darstellt, durch
die vielen biographischen Details aber auch eine sehr persönliche
Note erhält. Zumal Eugen Drewermann selber sich mit dessen Abfassung
zweifelsohne die Last seiner eigenen Auseinandersetzung mit sich und
seiner Funktion als Priester der katholischen Kirche von der Seele
geschrieben hat.4 Handelt
es sich nun um ein wissenschaftliches Werk? Zum großen Teil
eindeutig ja, wenn man die enorme Fülle der darin enthaltenen
Erkenntnisse u.a. aus Psychologie, Verhaltensforschung, Soziologie,
Anthropologie, Theologie, sowie aus der Kultur- und der
Religionsgeschichte bedenkt. Inwieweit die Psychoanalyse als solche
eine Wissenschaft darstellt, darüber ist genug geschrieben worden
und soll hier nicht diskutiert werden. Allerdings halte ich es für
legitim, sie auch auf die Religion allgemein, sowie auf religiöse
Erfahrungen im Besonderen anzuwenden, selbst wenn die Psychoanalyse
die Religion als kollektive Zwangsneurose betrachtet.5
Drewermann
selber, den ich aufgrund seiner ungeheuren Belesenheit und
Zitierfähigkeit als einen der letzten großen Universalgelehrten unserer
Zeit bezeichne, bietet eine große Fülle an belletristische
Literatur
auf, welche sein Denken ohne jeden Zweifel weitaus stärker
beeinflusst hat, als jede ihm zugängliche wissenschaftliche
Literatur. Dies mag den wissenschaftlichen Wert einer
psychoanalytischen Studie zwar nicht gerade erhöhen, wertet ihn aber
auch nicht ab, wenn sie den wissenschaftlichen Anteil sinnvoll
ergänzt und untermauert. Gerade, weil sich das Klerikerbuch einer
persönlichen Betroffenheit, sowie einer langjährigen persönlichen
Auseinandersetzung seines Autors mit der katholischen Kirche und
seiner eigenen Existenz als Priester dieser Kirche verdankt, lässt
man sich als Leser gerne in die vielgestaltige Gedankenwelt vieler
Schriftsteller der Weltliteratur geleiten, die sich alle auf ihre,
nicht selten zutiefst existenzielle Weise mit der Religion oder der
Kirche auseinandergesetzt haben.
Die
Schilderung persönlicher Sichtweisen und Erfahrungen an sich hat
keinen wissenschaftlichen Wert, kann aber den hohen
Wert
und die Notwendigkeit einer solchen Studie begründen.
Auf
jeden Fall ist das Klerikerbuch kein reines psychologisches Fachbuch,
was es aber auch von seiner Konzeption her gar nicht sein soll; es
ist aus einer tiefen persönlichen Auseinandersetzung seines Autors
heraus entstanden, und soll den Leser auf hohem fachlichen Niveau in
die Thematik und Grundproblematik einführen, aber auch persönlich
ansprechen.
Wissenschaftlich
ist nicht zuletzt die Darstellung der Entstehung des christlichen
Mönchstums im Kulturvergleich vor allem mit der Entstehung des
Buddhismus in Indien, um zu zeigen, wie der Weg hin zu den
evangelischen Räten sich historisch geebnet hat, wozu Drewermann
sich tief in die Geschichte, und damit auch in die Geschichte des
menschlichen Bewußtseins begibt.
Als
vor rund 10000 Jahren mit dem Ende der letzten Eiszeit eine
entscheidende Epoche der Kulturentwicklung
zu
Ende ging, veränderte sich auch die Einstellung des Menschen zur
Natur und zu sich selber, indem der Mensch sich zunehmend nicht mehr
als Teil der Natur empfand, und auch im Menschen sich
die
rationale Ebene und die emotionale Ebene voneinander abzuspalten
begannen. Die mythischen Religionen konnten die auftretende
Entfremdung des Menschen von der Natur, mithin die Aufspaltung
zwischen Denken und Fühlen, zwischen Bewußtsein und Unbewußtem,
zwar noch eine Zeit lang überwinden, jedoch „die
entscheidende Krise in der Bewußtseinsgeschichte des Menschen
konnten sie nicht verhindern: die Entdeckung des Einzelnen, die
Bewußtwerdung des Individuums und damit die völlig neue Bestimmung
der Situation des Menschen in den beiden Brennpunkten seiner
Existenz: in seiner Freiheit wie in seiner Todesverfallenheit.“6
Wie
entstand das Bedürfnis nach einer asketischen Lebensweise, wie
entstanden das Gefühl der Nichtigkeit aller weltlichen Dinge, und
wie die spätere Leibfeindlichkeit der Kirche? Wie kam es, daß die
Kirche nicht lange nach ihrer Entstehung damit begonnen hat, ihren
Anhängern die Ideale
der Armut
und der
Unterwerfung als verpflichtende Lebensform zu predigen, obwohl
sie selber
ungeniert nach Reichtum und Ansehen strebte?
Wie entstanden die Vorstellungen der Demut und der Keuschheit, und
wie kam es wiederum zu der Doppelbödigkeit, beides den unteren
Bediensteten der Kirche aufzuerlegen, ohne sie
für sich selber sich
als in der kirchlichen Hierarchie oben stehende
als verbindlich zu betrachten? Drewermann schreibt:
„Gestützt
auf die biblischen Vorlagen sollte es mithin zur obersten Pflicht der
Kirche zählen, das Leben nach den evangelischen Räten, sehr in
Angleichung an die indische Praxis, in jede denkbare
Entwicklungsrichtung hin offen zu halten und ein System fließender
Übergänge zu ermöglichen, die es dem Einzelnen erlauben, ohne
Verleugnung der Ideale des Christentums seine Lebensform möglichst
flexibel an seine jeweilige psychische Situation anzupassen.“7
Ein
generelles Grundproblem der katholischen Dogmatik besteht darin, daß
sie die katholisch Getauften an seit vielen Jahrhunderten
festgeschriebene Vorstellungen und Lehren anpassen will, ohne dafür
offen zu sein, ob diese Vorstellungen überhaupt zu den einzelnen
Menschen passen. Durch einen einheitlichen Glauben soll eine
einheitliche Schar von
Gläubigen erzeugt werden; Konformität also statt Individualität
ist das Ziel einer solchen Theologie. Bereits zu seinen früheren
Schriften hat Drewermann geäußert, er wolle die Theologie vom Kopf
wieder zurück auf die Füße stellen, und ein entscheidender Grund
dafür liegt genau darin, daß man vom einzelnen Menschen und dessen
– nicht zuletzt religiösen – Bedürfnissen ausgehen muß, und
nicht von einer überzeitlich geltenden Lehre, die man den Gläubigen
mit autoritativen Mitteln lehramtlich vorschreibt:
„Es
ist nicht allein, daß die Kirche selbst, solange sie an den Formen
der Veräußerlichung ihrer eigenen Inhalte festhält, in Gefahr und
Verdacht, ja, seit 150 Jahren bereits unter Anklage steht, statt
Erlösung und Freiheit nichts als kollektive Formen von Neurose und
Unfreiheit, von Krankheit und Herrschaft zu verbreiten, es ist
psychoanalytisch zugleich unerlässlich, darauf achtzuhaben, wie
stark unter den gegebenen, seit Jahrhunderten vorgegebenen
Institutionen der Entpersonalisierung und der Fremdbestimmung die
Wahl der evangelischen Räte – gleich, ob als innere Entscheidung
des Einzelnen oder als Erwählung durch Gott verstanden – an ein
Feld und Klima vorbereitenden inneren Zwangs gebunden bleibt.“8
Probleme
der klerikalen Sexualität:
Zölibat, Selbstbefriedigung und Homosexualität
Drewermann
stellt also den möglichen Wert einer Orientierung an den
evangelischen Räten nicht prinzipiell in Frage; ja, nicht einmal den
möglichen Wert der Einhaltung des Zölibats, unter der
unverzichtbaren Voraussetzung aber, daß einzelne Menschen im Zuge
ihrer Reifung zu erwachsenen Persönlichkeiten einen solchen
Lebensweg für sich selber als sinnvoll erkennen und als praktikabel
erachten. Und sie müssen die Freiheit haben, sich unter veränderten
persönlichen Voraussetzungen wieder gegen einen solchen Lebensweg
entscheiden zu können, ohne durch eine autoritär sich gebärdende
kirchliche Instanz in schwerste Schuldgefühle
und Gewissensnöte
gestürzt zu werden. Nicht die Angst vor dem eigenen Körper, nicht
die Angst vor gemeinsam gelebter Sexualität, und erst recht nicht
die Vorgabe einer sexualfeindlich
gesinnten
kirchlichen Moraltheologie dürfen die Ursachen für das Bedürfnis
nach dem Zölibat darstellen, sondern es sollte sich, wenn überhaupt,
als die Folge intensiver Erfahrungen mit dem eigenen Körper und der
eigenen Sexualität als mögliche und höchst persönliche
Entscheidung ergeben.
"Der
Zölibat ist nicht die Folge und Ausgeburt einer speziellen
Sexualfeindlichkeit der katholischen Kirche; eher umgekehrt: Das
Ideal lebenslänglicher sexueller Enthaltsamkeit ist weitaus älter
als die katholische Kirche; es ergibt sich nicht aus einer bestimmten
gesellschaftlich oder individuell bedingten Prüderie, sondern aus
einer Grundhaltung des Menschen seiner irdischen Existenz gegenüber;
aus dieser freilich kann sich jede Art neurotischer Verkrampfung auch
im Sexualbereich ergeben, und, wie die Geschichte insbesondere des
Christentums zeigt: sie hat sich daraus ergeben!"9
Auch
hier sieht man, wie weit Drewermann den Bogen der Betrachtung spannt,
um das Problem des Zölibats und die Bedeutung der Sexualität zu
erläutern, womit er der weitestgehend sehr oberflächlichen und
relativ uninformierten Sichtweise der Kirche, aber auch vielerlei
Formen der Kritik an der Kirche entgegenwirkt. Ebenso bei den
weiteren Problemfeldern der Selbstbefriedigung und der
Homosexualität.
Er
schreibt: „Die
sexuelle Lust besitzt für das Denken der katholischen Kirche keinen
Eigenwert, und so impft sie auch heute noch, wo immer sie kann, schon
den Heranwachsenden ihre eigene jahrhundertealte Angst vor dem
eigenen Körper, vor den eigenen Trieben, vor den eigenen Gefühlen
ein.“10
Natürlich
behauptet
die Kirche schon lange nicht mehr, daß gemeinsam gelebte Sexualität
als eine schwere Sünde zu betrachten sei, nicht einmal mehr die
(praktizierte) Homosexualität, die allerdings laut römischem
Weltkatechismus nach wie vor als „schwere
moralische Verfehlung“
gilt. Nach wie vor auch
zwingt die katholische Moraltheologie die Sexualität in den engen
Rahmen der Ehe, und nach wie vor ist die gemeinsam gelebte Sexualität
in einer katholischen Ehe gebunden an die Zeugung von Nachkommen. Für
die Kleriker aber gilt immer
noch das
Ideal der sexuellen Enthaltsamkeit, als ob
der Dienst an der Kirche, oder der Glaube an Gott, davon abhängt,
oder dadurch beeinträchtigt wäre, wenn ein Mensch sich das Glück
einer erfüllenden Sexualität ermöglichen würde. Daß die Kirche
mit ihrem voraufgeklärten Menschenbild womöglich so manche Probleme
überhaupt erst erzeugt, die sie meint mit großen Aufwand – und
selbstverständlich im Namen Gottes! – verurteilen und bekämpfen
zu müssen, beschreibt Drewermann so:
„Wenn
schon gilt, daß die klerikale Moral der Selbstbewahrung unter dem
Anschein der Selbsthingabe eine onanistische Grundhaltung durch den
ausgesprochenen Narzißmus ihrer Überichbestimmtheit geradewegs
fördert, so kommt die entsprechende Dialektik noch stärker in jenem
Erlebnisbereich zum Vorschein, den die katholische Kirche seit jeher
zu den schrecklichsten Formen der Sünde zählt, weil sie sich
weigert, zu verstehen, was sie selber begünstigt: die
Homosexualität.“11
Gewiß
konnte die katholische Kirche ihre sehr rigide und zudem zutiefst
unmenschliche Haltung zur Homosexualität, wie sie noch im Dezember
1975 von der Glaubenskongregation formuliert wurde, nicht mehr sehr
lange durchhalten:
„Nach
der objektiven sittlichen Ordnung sind homosexuelle Beziehungen
Handlungen, die ihrer wesentlichen und unerläßlichen Zuordnung (sc.
der Kinderzeugung, d.V.) beraubt sind. Sie werden in der Heiligen
Schrift als schwere Verirrungen verurteilt, und im letzten als
traurige Folge einer Verleugnung Gottes dargestellt. Dieses Urteil
der Heiligen Schrift erlaubt zwar nicht den Schluß, daß alle, die
an dieser Anomalie leiden, persönlich dafür verantwortlich sind,
bezeugt aber, daß die homosexuellen Handlungen in sich nicht in
Ordnung sind und keinesfalls in irgendeiner Weise gutgeheißen werden
können.“12
Neben
der Frage, wie es noch vor 50 Jahren in der Bundesrepublik
Deutschland möglich sein konnte, daß es genügte, ein paar Jahre
lang Theologie zu studieren und sich auf die Bibel zu berufen, um
homosexuell veranlagte Menschen in solch perfider Weise
herabzuwürdigen, sie letztlich also ungestraft, ja, nicht einmal
dafür angeklagt, in ihrer Menschenwürde zu verletzen, fragt man
sich, wie es möglich ist, daß Theologen – und sicher auch nicht
wenige gläubige Menschen – uralte Texte der Bibel ernster nehmen,
als jedes moderne Biologiebuch. Auch in der Frage der Homosexualität
zeigt sich erneut die groteske Verdrehung der Perspektive der
katholischen Moraltheologie, indem sie nicht vom Menschen und dessen
Bedürfnissen und Veranlagungen ausgeht, sondern von einer
festgeschriebenen Lehre, und diese wichtiger nimmt, als die seelische
Not der moralisch Verurteilten und Ausgegrenzten.
Drewermann
dagegen schreibt dazu sehr richtig:
„Aber
sollte man nicht imstande sein zu sehen, daß auch bestimmte
moralische Vorstellungen der Bibel über die Natur das Menschen
ebenso zeitbedingt sein können wie ihre Anschauungen über die Natur
der Sterne, der Pflanzen und der Tiere in den beiden
Schöpfungsberichten? Und daß die Sittengeschichte des antiken
Griechenlands und Roms nicht identisch zu setzen ist mit den
Verhaltensweisen der Menschen in Detroit, Boston oder West-Berlin?
Und daß es 80 Jahre nach den ersten Einsichten der Psychoanalyse in
die Entstehungsbedingungen der Homosexualität nicht länger möglich
ist, dieselbe Moral wie vormals einfachhin so weiterzulehren, nur
eben ein bißchen weniger streng ausgedrückt?“13
Ja,
die katholische Kirche ist seit dem Jahr 1989, dem Erscheinungsjahr
des Klerikerbuches, sicher auch in Fragen der Homosexualität in
ihrem Urteil etwas milder geworden, aber, nochmals sei es angemerkt,
diese Veränderung stellt nicht die Folge einer besseren Einsicht
dar, sondern die Kirche mußte notgedrungen und zumindest offiziell
eine etwas liberalere Haltung einnehmen, um überhaupt noch bei einem
immer kleiner werdenden Teil der Gesellschaft als religiöse
Institution einigermaßen ernst genommen zu werden. Zu allen Fragen
der Sexualität, speziell zum Zölibat, zum Ideal der Keuschheit, und
eben auch zur Homosexualität, gilt, was Drewermann mit dem Blick auf
die Jugend von heute so ausdrückt:
„Statt
daß die klerikale Forderung des Zölibats mit ihrem Ideal eheloser
Keuschheit, wie es die Kirche sich wünscht, als etwas Beispielhaftes
und Vorbildliches empfunden würde, erscheint den heutigen
Jugendlichen in absoluter Mehrheit dieses Ideal selbst als
unglaubwürdig, weil aufgesetzt, unnatürlich und krankhaft. Sie
wehren sich dagegen, nicht aus Gründen eines permissiven Hedonismus,
wie von seiten der Kirche gerne unterstellt wird, sondern aus einem
gesunden Instinkt für das, was menschlich stimmt und was nicht
stimmt; und sie sind es leid, mit feierlichen Worten aus dem Munde
von Leuten, die mit ihrem mangelnden Mut zum Leben als Vorbild von
Heranwachsenden eher im Zwielicht denn als Vorbild erscheinen, sich
die schönste Zeit ihres Lebens im aufblühenden Frühling der Liebe
durch Schuldgefühle und Ängste aller Art verwüsten und zerstören
zu lassen. Eine Moral, die nicht imstande ist, die besten Kräfte des
Menschen zu integrieren, statt sie zu unterdrücken, hat, Gott sei
Dank, im Erleben der meisten heranwachsenden Menschen heute weder
Wert noch Berechtigung.“
Der
zunehmende Bedeutungsverlust der katholischen Kirche in den letzten
30 Jahren hat dazu geführt, daß zumindest in den aufgeklärten
Kulturen kaum noch jemand den Papst ernsthaft als Stellvertreter
Gottes auf Erden ansieht, und kaum noch jemand die Kirche als
den fortlebenden
Christus. In sehr konservativen Kreisen mag sie noch als eine Art
Verstärkerfunktion einer sehr
konservativen und geistig rückständigen bürgerlichen
Moral angesehen werden, aber an allgemeinem gesellschaftlichem
Ansehen hat sie nicht zuletzt durch das unermüdliche Wirken und
Werk
ihrer Kritiker, allen voran seit nunmehr über 40 Jahren Eugen
Drewermann, in erheblichem Maße verloren.14
Die
Notwendigkeit der Problemstellung und Vorschläge zur
Therapie
Natürlich
aber gibt sich Eugen Drewermann nicht mit einer, sicherlich an
manchen
Stellen sehr subjektiv geprägten Analyse und Problembeschreibung
zufrieden, und so endet das Klerikerbuch mit einigen Vorschlägen zur
Therapie, denn das Ziel dieser Studie ist ja nicht der weitere
Bedeutungsverlust der Kirche oder ihrer Bediensteten, ganz gleich, wo
und in welcher Position sie sich in diesem hierarchisch streng
gegliederten Gesamtsystem befinden mögen, um ihre Funktionen und
Rollen zu erfüllen. Ganz
im Gegenteil war es seit seinen ersten Veröffentlichungen
Drewermanns
innigstes Anliegen, die Gläubigen wieder an die Kirche
heranzuführen, falls diese sich als vermeintlich sinnstiftende
religiöse Institution nicht weiter autoritär, sondern, wie er
es immer wieder unter Berufung auf Erich Fromm geäußert hat,
humanitär auf die Gläubigen zubewegt und deren Anliegen in den
Mittelpunkt ihrer Zielsetzungen stellt.
Besteht nun aber nicht die Gefahr einer möglichen Überinterpretation der im Klerikerbuch vorgelegten Fülle an Problembeschreibungen und Analysen? Ist es tatsächlich notwendig, jedes noch so unbedeutend erscheinende Detail dessen, was die Existenz eines Priesters oder einer Ordensschwester ausmacht, mit dem psychoanalytischen Blick zu betrachten und zu problematisieren, indem jede klerikale Ausdrucksform sogleich auf frühkindliche Entwicklungsstörungen zurückgeführt wird? Müssen Kleidung, Körperhaltung und Stimmlage als Hinweise auf berufsspezifische Neurotisierungen gedeutet werden, anstatt in ihnen Verkörperungen von zu einer besonderen Lebensweise berufenen Personen zu erkennen? Nun, es steht selbstverständlich jedem Leser psychologischer Literatur frei, die darin enthaltenen Deutungen als übertrieben anzusehen, oder als gänzlich unzutreffend zurückzuweisen.
Damit
allerdings erledigt sich das eigentliche Problem nicht, das man nicht
einfach ignorieren kann, und das darin besteht, daß offenkundig
nicht wenige dieser „besonders Berufenen“ unter der Art ihrer
besonderen Lebensführung leiden. Mit der psychologischen Aufklärung
haben zum Glück jene Zeiten endgültig ihr Ende gefunden, in denen
man bestimmte Formen seelischen Leids mystisch gedeutet und als
Ausdrucksformen einer besonderen „Heiligkeit“ oder
„Gottgefälligkeit“ religiös überhöht hat. Es gehört zum
Selbstverständnis jeder modernen und aufgeklärten Kultur, daß
jeder einzelne Mensch das Recht auf die Verwirklichung seines ganz
persönlichen Lebensglücks hat, mithin das Recht auf die freie
Entfaltung seiner Persönlichkeit, und damit das Recht, ein möglichst
von seelischem und körperlichen Leid befreites Leben zu führen.
Weshalb sollte dieses Recht innerhalb einer religiösen Institution
nicht nur aufgehoben sein, sondern diese Aufhebung sogar den Ausdruck
einer besonderen Berufung darstellen?
Eugen Drewermann
zweifelt nicht daran, daß eine Existenz als Priester oder sonstiger
Funktionsträger innerhalb des Gesamtsystems Kirche sinnvolle Formen
der Lebensführung sein können, solange nicht die Einschränkung der
freien Entfaltung der Persönlichkeit damit einhergeht, und erst
recht nicht als geradezu notwendige Voraussetzung besteht.
Drewermanns Anliegen ist getragen von eine unabdingbaren
Grundvoraussetzung jeder Psychotherapie, die in der prinzipiellen
Ergebnisoffenheit besteht. Jeder Mensch muß die Freiheit haben, sein
Leben, und damit auch seine berufliche Existenz, verändern zu
können, wenn seine persönlichen Voraussetzungen oder Einstellungen
sich verändert haben. Die katholische Kirche praktiziert das genaue
Gegenteil, indem sie ihre Bediensteten und Funktionsträger per
Gelöbnis oder Amtseid auf eine bestimmte Entwicklungsstufe
lebenslang festschreibt, und jeden, der sich im Zuge einer
persönlichen Weiterentwicklung daraus befreien möchte, sogleich mit
Schuldgefühlen, und zumindest der Androhung von allerlei
Zwangsmaßnahmen überhäuft. Persönliche Reifung und freie
Entfaltung der Persönlichkeit sind also nicht das Ziel einer
klerikalen Existenz, sondern werden aus amtskirchlicher und
moraltheologischer Perspektive heraus als Bedrohung betrachtet,
gemaßregelt, und mit Strafandrohungen bedacht.
Insofern
mag es zutreffend sein, daß das Klerikerbuch an einigen Stellen
gewisse methodische Mängel aufweist, wie manche Rezensenten betont
haben.15 Es mag auch sein, daß Selbstfindung und Selbstbestimmung nicht dem
Geist des Evangeliums entsprechen, zumal
man mit solchen Begriffen vor 2000 Jahren nichts hätte anfangen
können, und
daß eine Existenz in der Nachfolge Jesu eine gewisse Bereitschaft zu
Opfer und Leid mit sich führen kann, wie man aus theologischer
Perspektive anmerken könnte. Drewermann aber fühlt sich nicht nur
als Psychoanalytiker, sondern auch als Theologe und gläubiger Mensch
der Aufklärung stärker verpflichtet, als der Weitergabe
althergebrachter Vorstellungen einer reinen Opfertheologie und
Leidensmystik. Als langjähriger Priester der katholischen Kirche ist
er nicht zuletzt in seiner seelsorglichen Arbeit mit vielen Formen
psychischen Leids konfrontiert worden, sowohl bei den Gläubigen, als
auch nicht weniger bei den Klerikern, worauf er aufgrund seiner
theologischen Ausbildung außerhalb einer streng moralischen
Beurteilung und Zurechtweisung zunächst
keinerlei
hilfreichen, also von Konflikten wahrhaft erlösenden Mittel oder
Methoden zur Verfügung hatte.16
Die eigentliche Zielsetzung des Klerikerbuches besteht also nicht darin, ein psychologisches Modell zu entwickeln, welches die katholische Kirche als krankmachende religiöse Institution in ein schlechtes Licht rückt, sondern, ganz im Gegenteil, die der kirchlichen Moraltheologie zugrunde liegenden religiösen Motive und Symbole neu zu interpretieren, und sie in ihrer ursprünglich erlösenden oder heilenden Funktion neu zu beleben, so daß sie sowohl gläubigen Menschen als auch den Klerikern hilfreich für ihre persönliche Entwicklung und Reifung zur Verfügung stehen, und damit nicht zuletzt der Kirche selber bei einer dringenden Reformierung ihrer überalterten Strukturen dienstbar sein können.
Fazit:
Vieles,
was Drewermann über die Situation von Klerikern in ihren Rollen
sowohl als Funktionsträger der Kirche, also
speziell auch als Seelsorger, beschreibt, lässt sich gewiß mehr
oder weniger auf alle zwischenmenschlichen Interaktionen übertragen.
Allerdings verfügt ein Priester als Amtsperson der Kirche – ebenso
eine Ordensschwester – über ein viel eingeschränkteres
Repertoire an Möglichkeiten, darauf einzugehen, bzw. in für alle
Seiten zufriedenstellender Weise damit umzugehen. Drewermanns
Argumentation nach besteht das eigentliche Problem darin, daß jemand
gerade aufgrund gewisser seelischer Deformationen zunächst ganz
hervorragend dazu geeignet, ja geradezu dazu berufen zu sein scheint,
eine bestimmte Rolle in der Kirche oder in einem Kloster zu
bekleiden. Je stärker er aber als Mensch gefordert ist, emotional
auf andere Personen einzugehen, umso wahrscheinlicher wird seine
Unerfahrenheit im Umgang mit tieferen Gefühlen dazu führen, daß
jeder zwischenmenschliche
Kontakt oberflächlich
bleiben muß, und, je länger und je intensiver er sich gestaltet, zu
Unsicherheiten und Irritationen vielerlei Art führt.
Drewermanns
Klerikerbuch weist diesen von der Kirche bis heute nicht
rehabilitierten Paderborner Theologen als einen in vielen Bereichen
äußerst belesenen und kenntnisreichen Intellektuellen aus, was man
nicht zuletzt an der Liste der angeführten Sekundärliteratur
erkennen kann, die in ihrem Umfang allenfalls noch bei Karlheinz
Deschner zu seiner „Kriminalgeschichte
des Christentums“
zu finden sein dürfte. Drewermann begnügt sich nicht mit einer
oberflächlichen Darstellung einiger psychoanalytischer Theorien und
deren Anwendung auf die Klerikerpsyche. Er begibt sich tief in die
Religions- und Kulturgeschichte, um zu zeigen, wie die den
evangelischen Räten zugrunde liegenden Vorstellungen historisch und
kulturell gewachsen sind.
Dieses Buch stellt eine nicht
geringe Herausforderung an die Lesekompetenz dar, zumal, wenn man
sich ihm als Laie nähert. Es setzt ein großes Interesse an der
dargestellten Problematik voraus, zumal an den vielen mitunter sehr
ausführlichen Erörterungen, die an manchen
Stellen weit über den eigentlichen Problemkreis hinausreichen. Aber
gerade das empfinde ich persönlich als äußerst reizvoll, denn man
versteht sehr schnell, wie weit man den Bogen der Erkenntnis spannen
muß, wenn man eine weltumspannende Institution, wie die katholische
Kirche sie darstellt, in ihrer fast 2000jährigen Geschichte und
ihren hoch komplexen inneren Strukturen infrage stellen und von innen
her erneuern möchte. Drewermann
zeigt sehr relevante psychologische,
kulturelle
und
historische
Zusammenhänge auf, die man in den üblichen Debatten zu den
Problemen der Kirche und ihrer Bediensteten schmerzlich vermisst.
Jedes
gut geschriebene psychologische oder psychoanalytische Buch liest man
immer auch ein Stück weit auf sich selber hin. Die von Drewermann
sehr ausführlich beschriebenen Formen frühkindlicher und pubertärer
Entwicklung treffen ja längst nicht nur auf jenen Personenkreis zu,
aus dem dann irgendwann eine neue Generation von Klerikern erwächst,
bzw. erwachsen soll. An jedem Punkt kann man sich selber
hinterfragen, warum man gerade die Person geworden ist, die man eben
heute ist, und vieles wird einem klar, selbst wenn einen die
Psychogenese des eigenen Charakters und der eigenen Persönlichkeit
einem einen völlig anderen Lebensweg ermöglicht hat, als all jenen,
die aufgrund bestimmter psychologischer und biographischer
Voraussetzungen, die im Klerikerbuch erläutert
werden, den Weg als Kleriker als attraktiv erscheinen lässt.
Man kann ein Buch wie dieses nicht einfach nur „mal eben“ lesen, denn 750 Seiten sehr dichter Beschreibung der Problemfelder, dazu 150 Seiten Anhang, wollen im eigentlichen Sinne des Wortes rezipiert werden. Vielleicht ist es nicht ganz so dramatisch, wie es Emile Cioran in einigen seiner Aphorismen beschrieben hat, daß man nach gewissen Erfahrungen seinen Namen wechseln sollte, weil man nicht mehr der ist, der man zuvor war. Obwohl Eugen Drewermann den eigentlichen Adressaten, den Klerikern der katholischen Kirche, genau dieses wünscht und mit seinem Buch ermöglichen möchte: ein tiefgreifende Veränderung ihrer Persönlichkeit zu einer freieren und beglückenderen Existenz.
Und
es ist fast schade, daß gerade der ehemalige Papst Josef Ratzinger,
der beim Erscheinen dieses Buches bereits seit acht Jahren Präfekt
der Glaubenskongregation war, seinen Namen erst als Papst geändert
hat – Verbrecher
und Päpste ändern ihre Namen,
wußte bereits Karlheinz Deschner – denn in seiner Funktion als
oberster Glaubenswächter der katholischen Kirche mußte er sich
mindestens in Auszügen persönlich mit diesem grandiosen Buch
beschäftigen.
„Man
liest in Rom Ihre Bücher“,
hat der damalige Erzbischof von Paderborn, Johannes Joachim
Degenhardt, seinen Untergebenen Drewermann seinerzeit
mahnend
wissen lassen. Man wünscht
sich,
in Rom würde man dessen Bücher nicht nur lesen, sondern mit
aufrichtigem Interesse rezipieren, schon aus reinem Eigeninteresse.17
Denn zu so gut wie allen Problemen und Fragen, an denen die Kirche
selber in den letzten 30 Jahren krankt und völlig hilflos
herumrätselt, hat Eugen Drewermann nicht zuletzt im Klerikerbuch
Lösungsansätze beschrieben, die man lediglich hätte aufnehmen und
umzusetzen brauchen, um die Gläubigen wieder näher an die Kirche
heranzuführen, und zudem ihrem eigenen Personal zu einer
glaubwürdigeren Existenz zu verhelfen.
Vieles, was
Drewermann seit dem Erscheinen des Klerikerbuches in einzelnen
Veröffentlichungen beschrieben hat, vor allem in seiner
siebenbändigen „Glauben-in-Freiheit-Trilogie“, anhand welcher er
das veraltete Welt- und Menschenbild der Kirche durch die Integration
der Naturwissenschaften erneuern möchte, wurde im Klerikerbuch
bereits vorgedacht. Insofern hat die Kirche letztlich sich selber
sehr viel mehr geschadet, als dem vermeintlichen Ketzer aus
Paderborn, indem sie den in gewissem Sinne furchtbarsten, aber eben
auch mit großem Abstand fruchtbarsten Theologen unserer Zeit vor die
Tore ihrer über viele Jahrhunderte so mühsam aus Angst, Zwang und
Selbstüberhöhung errichteten Mauern gesetzt hat.
©
Volker
Brokop, Wuppertal
---
Anmerkungen:
1 Der Schattenbruder des Chefs, S. 72-73
2 a.a.O., S. 76-77
3 Bedingungen der Auserwählung oder: Antriebspsychologie der evangelischen Räte, ab S. 269
4 Drewermann wurde des Öfteren danach befragt, ob er selber während seiner Zeit als Priester den Zölibat eingehalten hat, und er hat darauf jeweils eher zögerlich und ausweichend geantwortet, etwa in der Weise, daß ihn die Auseinandersetzung mit der Psychoanalyse und die Begegnung mit bestimmten Menschen dazu verholfen hat, sich selber von vielem zu befreien, was das Priesteramt ihm auferlegt hat. Wenn man sich etwas näher mit der Person Eugen Drewermann beschäftigt, wird schnell klar, daß das Klerikerbuch ganz eindeutig stark von dessen sehr intensiver Auseinandersetzung mit der Kirche und seiner eigenen Rolle darin getragen ist.
5 Vgl. die kritische Schrift v. Ermanno Pavesi, „Eugen Drewermanns Kleriker und die tiefenpsychologische Religionskritik“, 1992, worin er die Frage stellt, ob man sich psychoanalytischer Theorien in der Religionspsychologie bedienen darf, wenn die Psychoanalyse die Religion als solche als eine Neurose betrachtet
6 Die Funktionalisierung eines Extrems oder: Das eigentliche Problem der evangelischen Räte, S. 350
7 a.a.O., S. 362
8 a.a.O., S. 363
9 Keuschheit und Ehelosigkeit oder: Konflikte der ödipalen Sexualität, S. 481
10 Onaniephantasien eines reinen Lebens, S. 572
11 a.a.O., S. 580
12 Homosexuelle Auswege oder: Ein berufsspezifisches Tabu, S. 581
13 a.a.O., S. 583
14 Eugen Drewermann schreibt in der Einleitung zu Band I von „Glauben in Freiheit“: Doch eben deshalb sind die Menschen überdrüssig dieser gottseligen Scharlatanerie hochwürdiger Amtsträger, die immer noch glauben, sie stünden näher dem Himmel, sobald sie sich einen Zweispitz von Mitra auf den Kopf setzen oder eine violette Prälatenbinde um den Bauch wickeln. Man glaubt nichts mehr, schon weil sie ihre Glaubwürdigkeit zu einer Frage des Kostümzwangs erniedrigt haben. Gewiß: Man benötigt sie noch als ein gesellschaftliches Dekor – ihre Vortragskünste werden geschätzt bei Trauung und Beerdigung; ihr Erscheinen putzt ungemein bei jedwedem Empfang irgendwelcher Durchlauchtigster Herren. S. 9
15 Ulrich Ruh, „Überzogener Angriff oder notwendige Aufklärung?“ Herder-Korrespondenz, 1990, Band 44
17 „Es ist ganz klar, wenn das Buch „Kleriker“ von Eugen Drewermann damals intensiv gelesen worden wäre, und zwar von Verantwortungsträgern, dann wäre Missbrauch teilweise verhindert worden.“ Magnus Striet, katholischer Theologe, Deutschlandfunk, Gespräch mit Eugen Drewermann
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